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Soll ich? Oder soll ich nicht?

Wieder loslegen, das Leben in die Hand nehmen, Pläne machen? Zugleich sehnen wir uns nach dem Gegenteil – entspanntes Nichtstun, spontan und ohne Ziel. Warum beides richtig ist und was uns jetzt glücklich macht! Gerade schlagen bei vielen zwei Herzen in der Brust -nach der langen Zeit der Einschränkung haben wir große Lust die Dinge anzugehen, Chancen wahrzunehmen und selbst zu bestimmen, wo es für uns hingehen soll. Große Sehnsucht nach dem Prickeln, wenn etwas Neues beginnt. Bei aller Begeisterung fürs Machen gibt es in unserem inneren Team jedoch auch Stimmen, die nach den langen Monaten des Stillhaltens, Aushaltens, der Krise, mal leiser, mal lauter rufen: Ach nö, jetzt nicht! Nicht anpacken, sondern treiben lassen. Wir haben doch gerade gelernt, dass, Leben ist das, was passiert, wenn wir andere Pläne machen. Braucht es immer ein Ziel? Reicht nicht auch einfaches Dasein? Dieser innere Konflikt ist normal. In jedem Menschen steckt beides. Der Wunsch aktiv zu sein, zu gestalten und genauso das Bedürfnis nach Tagträumen, Ziellosigkeit und einem „Let-it flow“ Alltag. Manchmal wechseln wir zwischen diesen beiden Zuständen innerhalb von Stunden oder sogar während eines Gespräches. Interessante Vorhaben, die uns weiterbringen, oder doch Quatsch machen und ziellose Waldspaziergänge unternehmen? Wir werden so immer wieder vor eine schwierige Aufgabe gestellt – Welchem Impuls folge ich? Was ist jetzt das Richtige? Und wie werde ich meine Entscheidung in zwei Wochen bewerten? Werde ich mich ärgern oder dankbar ein? Kurz – wir sind ambivalent! Das heißt Gedanken, Gefühle, Empfindungen und Verhaltensweisen, die einander widersprechen, sind gleichzeitig vorhanden. Ein Zustand von sich „Hin und Her gerissen“ fühlen zwischen den angenehmen und unangenehmen Folgen unseres Handelns, zwischen Attraktion und Destruktion, zwischen Weitermachen und Aufhören…die Psychologen und Motivationsforscher William R. Miller und Stephen Rollnick betrachten diese Situation wie eine Art Waage oder Wippe – sobald die eine Seite runtergeht, verspüren wir einen großen Drang, der anderen wieder mehr Bedeutung und Gewicht zu geben. In Worten: „Ja, aber…!“ Wir kommen besser voran, wenn wir diese Ambivalenz mit offenen Armen, mit einem „Hallo“ begrüßen, anstatt weiter Spielball im unentschlossenen Ping-Pong zu sein. Unsere Energie lässt sich besser nutzen, wenn wir widersprüchliche Gefühle gleichermaßen würdigen. Hätten wir nicht Vor- und Nachteile, wären wir nicht ambivalent, wäre die Entscheidung einfach. Loslegen oder laufen lassen – beides ist auf seine Weise gut und wertvoll! Wie also wird aus einem Prickeln schwungvolle Tatkraft? Eine Möglichkeit ist die 5/25 Methode: eine Anleitung fürs Loslegen, Dranbleiben und zu Ende führen. Schritt eins: Schreibt 25 Ziele auf, die ihr erreichen wollt, egal was, Spanisch lernen, ein besserer Mensch werden, den Mont Blanc besteigen. Schritt zwei: Markiert die fünf wichtigsten Punkte. Schritt drei: Ihr habt jetzt zwei Gruppen. Liste A, die fünf wichtigsten Ziele und Liste B, 20 Ziele. Schaut noch einmal hin und streicht sie alle durch. Denkt nicht mehr an die 20 Ziele. Sie sind wichtig, lenken aber von den fünf Wichtigsten ab. Schritt vier: Betrachtet nun die Gruppe A. Fünf Ziele. Kümmert euch ausschließlich um sie. Denn wir können nicht alles machen, nicht alles wissen, nicht alles werden. „Liebe zu einer Sache entsteht durch Hingabe, nicht durch Anziehung“. Und das gilt ebenso fürs Nichtstun. Es kann eine große Kraft darin liegen, sich hinzugeben. Denn manchmal ist unsere Neigung zur Aktivität nicht anderes als ein Nachteil, ein Stressor, der uns das Leben unnötig schwer macht. Abwarten, laufen lassen – das kann auch die beste Idee ever sein. Man muss nicht jede Möglichkeit nutzen, die sich bietet. Die Leichtigkeit, die entsteht, wenn wir statt Businessplan, die günstige Fügung bestimmen lassen – ein Geschenk! Wie entwickeln wir den Mut dazu? Es braucht ein aufrichtiges Gespräch mit unserem Bauchgefühl. Wenn wir es zu Wort kommen lassen und ihm Glauben schenken, verrät es uns, ob uns Angst oder Druck leiten – oder wir einer Sehnsucht folgen. So kann auch einfach mal Nichtstun auf Liste A stehen.

Angelika Herms (29.10.2021)


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